Für Orchesterproduktionen ist der Raumhall von grosser Wichtigkeit. Die meisten Produzenten greifen auf Convolution Reverbs zurück, andere bleiben den parametrischen Hallgeräten treu. Doch es geht auch anders:
Wir haben den Versuch gestartet einen gut klingenden Raum mit einer programmierten Sample Produktion zu beschallen. Das Ergebnis haben wir aufgenommen und mit dem digitalen Hall eines 480L von Lexicon verglichen. Die für den Versuch aufgestellten Frage sind:
Ist es möglich mit der Methode des Rerecordings von Hall einen natürlichen Hall zu erzeugen der überzeugender wirkt als ein Hall aus einem Premium Digital Hallgerät.
Die Wuppertaler Stadthalle wurde der Ort des Versuchs.
Der Große Saal der Wuppertaler Stadthalle ist bekannt für seine gute Akustik die zu den ganz grossen in Europa zählt
Informationen zur Historische Stadthalle Wuppertal
Die Maße des Großen Saal:
Länge: 39,5 m Breite: 24 m Höhe: 17 m
Versuchsaufbau:
- Auf der Bühne wurden für die einzelnen Instrumentegruppen verschiedene Lautsprecher positioniert und über separate Kanäle angesteuert.
- Die Positionierung der Lautsprecher wurde dem Abstrahlverhalten der Instrumente entsprechend angepasst.
- Der Raum wurde mit Sampleproduktionen ohne eigene Hallanteil beschallt.
Die Kompositionen zur Beschallung des Raumes:
- Stravinski: Tanz der Jünglinge
- Holst: Jupiter
- Alternativkomposition Traumschiff Surprise
- Diplomarbeiten von Studenten
Mikrophonierung:
- Klein ab
- Groß AB
- XY
- ORTF
Zum Einsatz kamen die Mikrophone:
- Neumann KM 86
- Schoeps CMC 6 MK 3
Sebastian Kienel aus Münster (Tonmeister) leitete die Aufnahme.
Der Sound war sehr überzeugend d.h. obwohl Lautsprecher und Samples im Einsatz waren, war das Klangerlebnis sehr authentisch, wie bei einem live gespielten Orchester. Die verschiedenen Lautsprecher stellten sich als wichtiger Faktor heraus um tatsächliche Tiefenstafflung im Raum zu erzeugen.
Zum Ergebnis:
Das Rerecording ist ein gangbarer Weg zu einem authentischen räumlichen Ergebnis. Gerade die Auswahl und ggf. Mischung von verschiedenen Hauptmikrophonierungen hat seinen Reiz.
Im Vergleich mit dem 480L steht unser Versuch dem digital erzeugtem Hall in nichts nach. Das Rerecording klingt je nach Wahl der Mikrophonierung transparenter und weniger gefärbt. Die Tiefenstafflung erscheint deutlicher. Die Auswahl des Sounds ist hinsichtlich der Mikrophonierung reichhaltiger.
Der Aufwand allerdings relativiert das Ergebnis: An den Aufnahmen arbeiteten vier Leute einen Vormittag lang.
Das 480L kann das mit ein paar wenigen Knopfdrücken sicher schneller.
Des weiteren ist das Rerecording an die dem Raum eigene Nachhallzeit gebunden. Wenn man allerdings genau diesen Raumklang will und eine so wunderbare Halle in seiner Nähe hat, ist es vielleicht für das ein oder andere Projekt mit dem entsprechenden Budget das Sahnehäubchen das manchmal noch fehlt.